Historischer Hintergrund

Okinawa war schon immer ein relativ friedliches Königreich. Trotzdem war die Insel ins 13. Jahrhundert umkämpft. Okinawa war zu dieser Zeit schon unabhängig und unterhielt zahlreiche weitreichende Handelsbeziehungen (u.a. zu China, Japan, Korea, Sumatra, Arabien, Thailand,…). Ab dem Jahre 1372 zahlte Okinawa Tribut an China. Dieser war nicht sehr hoch und bestand zum großen Teil aus Getreideabgaben. Im Gegenzug gewährte China Okinawa seinen militärischen Schutz. Der Tribut zog sich noch über ca. 500 Jahre hin.

Ab dem 13. Jahrhundert erlebte die Insel eine sehr friedliche Zeit. Im Jahre 1429 vereinigte König Sho Hashin die 3 Provinzen Okinawas um den Handelsverkehr ausbauen zu können. Er wollte damit den Lebensstandard der Bevölkerung anheben (ein großer Teil der Bevölerung lebte in Armut). Gleichzeitig erließ er auch ein Gesetz, dass allen das Benutzen und sogar das Besitzen von Waffen verbot. Der Sinn bestand darin, alle Versuche eines Aufstandes zu verhindern. Damit war die Bevölkerung jedoch auch der Willkür der Samurai und räuberischer Banden ausgesetzt.

Ab 1451 zahlte Okinawa aus Schutzgründen zusätzlich Tribut an Japan.
1470 fiel die Sho-Dynastie und es kam eine Zeit der Unruhe und Gewalt. Der Nachfolger Sho Hashins, König Sho Shin, ließ 1479 erneut alle Waffen auf Okinawa verbieten. Sämtliche Waffen wurden beschlagnahmt, in das Schloß Shuri gebracht und da unter staatliche Bevorratung gestellt. Laut König Sho Shin sollten diese Waffen nur noch zur Verteidigung des Königreiches eingesetzt werden – deshalb wurden sie auch nicht vernichtet.

Im Jahre 1609 erfolgte eine Invasion und die Besetzung durch die japanische Satsuma-Familie. Die Invasion erfolgte sehr schnell und unerwartet. Eine richtige Gegenwehr seitens Okinawas erfolgte nicht – wurden ja fast alle Waffen noch im Schloß Shuri aufbewahrt. Seit dieser Zeit gehörte Okinawa endgültig zu Japan, obwohl sie immer noch Tribut an China zahlten. Japan forderte durch das Einnehmen Okinawas auch die Herrschaft über alle anderen Inseln der Ryukyu-Inselkette. Da Okinawa aus China keine Hilfe bekam, war es Japan hilflos ausgeliefert. Der König wurde gefangen genommen und nach Japan verschleppt um die Bewohner dies Inselreichs gefügig zu machen.

In dieser Zeit wuchs die Gegenwehr der Bevölkerung – Steuereintreiber und Samurai wurden oft Opfer der einfachen Bevölkerung, die sie einfach töteten. In der Zeit nach der Invasion wurden aus diesem Grund von den Satsuma regelrecht Jagden nach Schwerten oder anderen Waffen gemacht. Selbst rostige Schwerter wurden beschlagnahmt. Auf Waffenbesitz stand die Todesstrafe. Das führte so weit, das jedes Dorf oft nur noch ein einziges Messer hatte. Dieses wurde auf dem Dorfplatz angebunden, damit jeder Zugang hatte. 1669 erfolgte die Schließung von Schwertschmieden, selbst die Herstellung von Zeremonialschwertern wurde verboten. Gleichzeitig kontrollierten die Satsuma auch die Häfen, um das Einführen von Waffen oder Eisenwaren zu verhindern.

Die Satsuma regelten das Leben auf allen Inseln mit sehr harter Hand. Sie kontrollierten den Handel, verlangten Steuern in Form von Reis und anderen Waren und setzten Richter und andere höhere Beamte ein. Beim kleinsten Regelverstoß oder auch nur um den Widerstand zu brechen, drohten der Bevölkerung harte Strafen. Steuern und Abgaben wurden oft rein willkürlich um ein vielfaches erhöht. Hier einige Beispiele für die Schikanierungen:
Auf der Insel Kubuwari befindet sich eine 3,60 m breite Felsspalte. Alle schwangeren Frauen der Insel mußten über diesen Spalt springen. Wer dies nicht schaffte, stürzte in die Tiefe.
Auf der Insel Yanaguni wurde jedes Jahr zu einer bestimmten Zeit ein Gong geschlagen. Alle Bewohner der Insel mußten so schnell wir möglich zur Mitte eines bestimmten Feldes laufen. Wer das nicht konnte wurde getötet.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Bevölkerung zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben hatte.

Obwohl der Hass auf die Satsuma und der Widerstand größer wurden, gab es doch nie eine offene größere Schlacht. Die Einwohner Okinawas entwickelten statt dessen Strategien und Möglichkeiten zu überleben. Dafür eigneten sich am besten Dinge des täglichen Lebens, die man immer offen bei sich tragen konnte. So wurden zum Beispiel ein Wanderstock (Bo), eine Sichel (Kama) aber auch eine Flöte (Shakuhachi) oder eine Tabakpfeife (Kiseru) in der Hand eines Geübten zur tödlichen Waffe. Alles was hierbei zählte war die Effektivität, Härte, Schnelligkeit und auch der Überraschungsmoment, denn ein Samurai war nicht einfach zu besiegen. Aus diesem Grund blieben die Kata wahrscheinlich damals auch sehr einfach und „bodenständig“. Denn ein Bauer, der den ganzen Tag schwer auf dem Feld arbeitete, war nicht mehr unbedingt zu akrobatischen Leistungen fähig.
Mit der Zeit bildete sich bei den Bauern eine Art Ehrenkodex (Kikotsu), über den leider nur sehr wenig bekannt ist. Er soll sehr dem Kodex der Samurai (Bushido) geglichen haben. Unter anderem konnte ein Bauer dadurch einem Todesurteil mit der gleichen Gelassenheit wie ein Samurai begegnen.
Wie schon erwähnt, wurde dieses Wissen nur an Ausgewählte weitergegeben. Die Satsuma-Familie ließ alle, die Kobudo trainierten, bestrafen oder oft sogar töten. Teilweise wuden ganze Familien ausgerottet, nur weil ein Familienmitglied einen Kobudo-Meister kannte oder Kontakt zu ihm hatte.

Erst König Sho Tei (1669-1709) schaffte es, die offenen Feindseeligkeiten zu beenden bzw. einzuschränken. Die Okinawaner durften beispielsweise wieder selbst höhere Ämter bekleiden. Diese Maßnahmen führten zwar auch zu keiner echten Akzeptanz der Besetzung, aber es kam zu einer Annäherung. Auch war es jetzt wieder höheren Klassen auf Okinawa möglich mit Waffen zu trainieren – obwohl es offiziell verboten blieb.

Im 19. Jahrhundert erfolgte eine soziale Umschichtung Japans. Dadurch verlor sich der martialische Hintergrund des Kobudo – gleichzeitig verlor es aber auch seine Beachtung. Erst nach dem 2. Weltkrieg wurde es wieder bekannter. Inzwischen finden sich auf der ganzen Welt Kobudo-Interessierte und die Zahl der Trainierenden wächst.